Schloss und Schlossgarten Schwetzingen - Garten - Neue Orangerie - Südseite, Mittelbau, Portal - Blick auf die linke (westliche) Löwenmaske mit einem Ring im Maul und einem am Ring befestigten Fruchtgehänge (Gesamter Bau: Länge ca. 171 Meter, Breite ca. 10-12 Meter; Bauzeit: 1761-1762; Architekt: Nicolas de Pigage) (aufgenommen im April 2023, am frühen Nachmittag)
Schloss und Schlossgarten Schwetzingen - Garten - Neue Orangerie - Südseite, Glashaus - Blick vom Orangeriegarten auf die Südfassade des nach Süden hervortretenden Glashauses, mit den fünf großen schräg eingebauten Fenstern nach Süden und den drei großen Türen nach Südwesten, Südosten und Osten (Gesamter Bau: Länge ca. 171 Meter, Breite ca. 10-12 Meter; Bauzeit: 1761-1762; Architekt: Nicolas de Pigage; Putzflächen bemalt in Freskotechnik, täuschen teilweise ein Scheinmauerwerk vor) (aufgenommen im April 2023, um die Mittagszeit)
Schloss und Schlossgarten Schwetzingen - Garten - Neue Orangerie - Südseite, Mittelbau, Portal - Blick auf die rechte (östliche) Löwenmaske mit einem Ring im Maul und einem am Ring befestigten Fruchtgehänge (Gesamter Bau: Länge ca. 171 Meter, Breite ca. 10-12 Meter; Bauzeit: 1761-1762; Architekt: Nicolas de Pigage) (aufgenommen im April 2023, am frühen Nachmittag)

Allgemeine Beschreibung: Orangerien

Quelle: Auszug aus Bert Beitmann: Gartenkunst – Einst war sie die bedeutendste unter den Künsten; mit freundlicher Genehmigung des Autors

So wie zu jedem Barockschloss ein Garten gehörte, so gehörte auch zu jedem dieser Gärten eine Orangerie. So wie der Garten war sie eines der wichtigsten Prestigeobjekte eines Fürsten. Sie waren sein ganzer Stolz. Die Früchte waren allein seiner Tafel vorbehalten. (1736 z.B. in Stuttgart für den Ludwigsburger Hof 20.000 Früchte).

Bereits im kaiserlichen Rom hatte es Gewächshäuser gegeben und auch 1247 empfing Albertus Magnus Wilhelm von Holland in Köln in einem solchen. Im späten Mittelalter standen sie als „Hibernaculum“ in medizinischen Universitätsgärten (Hortus medicus). Die Botanik war damals noch eine Hilfswissenschaft der Medizin. Empfindliche Pflanzen wurden im Winter hier eingeräumt und im Sommer fand hier der pharmakologische Unterricht statt.

Im 17. Jh. setzte dann eine allgemeine Sammeltätigkeit ein. Kunst­kammern entstanden. Es wurde alles gesammelt, was die Vielfalt der göttlichen Schöpfung zum Ausdruck bringen konnte. Dazu gehörten auch Pflanzen. Ein besonderes Prestige brachten diejenigen, die nicht jeder haben konnte, d.h. die nur sehr selten waren oder nur mit einem großen Aufwand kultiviert werden konnten. Das galt besonders für die Pflanzen, die man von den antiken Schriften her kannte, solche aus dem Mittelmeergebiet und zunehmend aus dem Orient und Mittelamerika.

Besonders gerne wurden an den Fürstenhöfen Zitrusgewächse gesammelt (München, Stuttgart, Heidelberg), des besonderen Prestige wegen aber auch von einigen reichen Bürgern in Augsburg und Nürnberg. 1559 entstand in einem Lustgarten der erste Pomeranzengarten in Deutschland mit „abschlagbaren“ Häusern (sie wurden jedes Frühjahr entfernt und im Herbst neu errichtet).

Im Barockgarten waren die abschlagbaren Pomeranzenhäuser aus ästhetischen Gründen immer weniger eingliederbar. Auch waren die Pflanzen im Kübeln vielseitiger verwendbar. Im 17. und 18. Jh. setzte dann die Blütezeit der eigentlichen Orangerien ein, in Deutschland nach Ende des dreißigjährigen Krieges besonders nach italienischen und französischen Vorbildern. Neben ihrer Funktion als Über­winterungs­gebäude für die Pflanzen (jetzt bevorzugt Zitrusgewächse) wurden die Häuser im Sommer für Festlichkeiten genutzt.

Orangerien wurden die Gebäude nach der beliebtesten, nicht frostharten Kübelpflanze genannt. Die Zitrusgewächse waren auf den verschiedensten Wegen nach Italien gekommen. Die Zitronatszitrone z.B. zunächst durch Alexnder d.Gr. nach Griechenland (sie wurde bei Vergil zum „goldenen Apfel“ der Hesperiden), die Pomeranze durch arabische Händler 1002 nach Sizilien. Nach Deutschland kamen sie Mitte des 16. Jhs. und verbreiteten sich rasch.

Es gab eine Vielzahl von Arten und Sorten. Allein in der Orangerie von Schwöbber standen 1714 49 Orangen-, 133 Limonen- und 38 Zitronatsorten. Ihrer Beliebtheit nach pflanzte man Pomeranzen (Bitterorangen), Zitronen, Apfelsinen und Mandarinen. Den größten Bestand davon gibt es heute noch auf der Insel Mainau. Die ältesten Pflanzen sind dort ca. 210 Jahre alt.

Für die Zitrusgewächse sprachen drei Eigenschaften: ihre Seltenheit, ihre besonderen Merkmale und ihre symbolische Bedeutung. Selten waren sie wegen ihres mühseligen Anbaus und deshalb als Genussmittel eine Besonderheit. Zu ihren besonderen Merkmalen gehörte, dass sie immergrün waren, stark dufteten und intensive Laub- und Fruchtfarben besaßen. Die Tatsache, dass sie gleichzeitig blühten und fruchteten wurde symbolisch als ein Ausdruck für das ewige Leben gesehen, der Umstand, dass man mit Hilfe von Häusern in der Lage war, die Pflanzen zu überwintern, als Ausdruck der Macht des Fürsten auch über die Natur.

Orangerien besaßen eine solidere Bauart als Gewächshäuser und hatten durch ihre Nutzung als sommerliche Festräume auch andere Aufgaben. Meist handelte es sich um eingeschossige Bauten mit großen Fenstertüren zur Südseite hin, in Deutschland oft als Abschluss einer Gartenanlage. Sie waren große beheizbare Häuser aus Stein und Glas, im 17. Jh. zunehmend kleine Paläste. In der Favorite, dem so wichtigen Garten für die deutsche Gartenkunst (1711-22, Mainz, völlig zerstört), lag das Schloss am Rheinufer und der Garten bezog sich auf eine Orangerie, die Marly-ähnlich von je drei Pavillons eingefasst war. Zu den wichtigsten erhaltenen Orangeriebauten in Deutschland gehören:

  • Orangerie in der Karlsaue (Kassel, 1703-11),
  • Zwinger (Dresden, 1711-28),
  • Orangerie (Fulda, 1722-26).

Sie dienten wie der Garten der Repräsentation. Ihre Kübelpflanzen waren wichtige Statussymbole. Ursprünglich nur ein Winterquartier für die Pflanzen, wurden die Orangerien als Baukörper zu einem Lustschloss überformt. Als Bauten standen sie zwischen Architektur und Natur. In der Orangerie Friedrich d.Gr. standen 800 Fruchtgehölze, in Pommersfelden (bei Bamberg) waren es sogar 3000. Erst mit der französischen Revolution gerieten die Orangen und fürstlichen Tafelfrüchte aus der Mode.

Heute versucht man die große Zahl der Orangerien nach verschiedenen Hauptmerkmalen zu unterteilen: Orangerien als

  • Ehrenhofgebäude (Corps de logis): z.B. Nymphenburg (München),
  • Vorhofgebäude,
  • Rahmen eines Schlossparterres (erfordert zwei Baukörper, z.B. als Schlossflügel; Vorläufer waren im 16. Jh. die Laubengänge): z.B. Schwetzingen,
  • Abschluss einer Gartenachse (als „Point de vue“, in Deutschland sehr oft): z.B. Weikersheim,
  • Staffage in einem eigenen Gartenteil (eigenem Quartier, selber oft sehr prächtig gestaltet),
  • An Hanglagen (nach dem Vorbild italienischer Terrassenanlagen oder unter der Terrasse eines Parterres (wie in Versailles)),
  • Lusthaus (oft mit einem Mittelpavillon und aufwendig gestaltet, wenn das Achsensystem auf dieses bezogen war): z.B. Karlsaue (Kassel), Neue Orangerie (Potsdam), Zwinger (Dresden).

Welchen Stellenwert im Leben eines Barockfürsten die Orangerien und die dazu gehörenden Pflanzen besaßen, mag am Beispiel Schwetzingens deutlich werden:

  • 1716: Gleich nach der Übernahme der Kurfürstenwürde durch Carl Philipp wurde die Rückverlegung der Residenz von Düsseldorf nach Heidelberg / Mannheim und für die Kübelpflanzen als vorübergehendes Quartier Schwetzingen angeordnet.
  • 1718: Beginn mit dem Bau einer Orangerie (später abgerissen) in Schwetzingen.
  • 1724: Überführung der Pflanzen (447 Orangenbäume und 313 andere Kübelpflanzen mit dem Schiff).
  • 1748: Bau des nördlichen Zirkelbaus als Orangeriegebäude.
  • 1753: Bau des südlichen Zirkelbaus mit Fest-, Speise- und Spielsälen.
  • 1761: Bau der neuen Organgerie.
  • 1762: Verbringen der Orangeriepflanzen in den neuen Orangerie­garten (nach Auflösung der Mannheimer Orangerie 1762 kamen die besten Pflanzen nach Düsseldorf und die schlechteren nach Schwetzingen).
  • 1774: Alle Düsseldorfer Pflanzen kamen nach Schwetzingen.
  • 1792: Nach der Ernennung Sckells zum Hofgärtner, als solcher auch verantwortlich für die Orangerien, machte er für den Pflegehaushalt folgende Rechnung:
    • Im Frühjahr und Herbst: je 5 Tage für das Ein- und Ausräumen (mit je 36 Mann und 12 Pferde), für das Aufstellen: 6 Mann 10 Tage,
    • Im Sommer: für das tägliche Beschneiden und Säubern: 2 Mann, für das Gießen der Pflanzen: 24 Mann (je Tag),
    • Im Winter: tägliches Be- und Abdecken, tägliche Pflegearbeiten, tägliches Heranschaffen des Holzes und Heizen, Heranschaffen der Lauberden und deren Vorbereitung.

Diese Zusammenstellung lässt erahnen, welch hohe Kostensummen der Unterhalt einer solchen Orangerie beanspruchte. Er war nur durch den hohen sozialen Stellenwert gerechtfertigt, den diese besaßen.

Im 19 Jh. wurden für die Pflanzenhäuser ästhetische Lösungen weniger wichtig. An ihre Stelle traten verstärkt technische (bezogen auf die Bauweise und Klimasteuerung). Das neue Ideal war nicht mehr der barocke Hesperidenhain in seiner symbolischen Bedeutung als Ausdruck einer Herrschertugend, sondern der Traum von einem tropischen Paradies.

Galerie: Von Süden – Neue Orangerie – Parkbauten – Schlossgarten Schwetzingen

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Galerie: Östlicher Seitenflügel und Eckpavillon – Von innen – Neue Orangerie – Parkbauten – Schlossgarten Schwetzingen

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Schloss und Schlossgarten Schwetzingen - Lageplan: Neue Orangerie und Orangeriegarten im Schlossgarten Schwetzingen (Karte: © OpenStreetMap-Mitwirkende; Lizenz: Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0); siehe: www.openstreetmap.org/copyright; Karte modifiziert durch Dr. Manfred Schneider)

Lageplan: Orangerie
im Schlossgarten Schwetzingen

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Die wichtigsten Bauten und Elemente
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