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Kurze Beschreibung: die Eingangshalle / die Intrada (im Erdgeschoss des Hauptbaus von Schloss Bruchsal)
- Architektur
- Die Intrada ist das Vestibül von Schloss Bruchsal. Sie leitet nach Westen seitlich auf die Haupttreppenläufe und mittig in die Grotte.
- Von der Architektur her ist der Raum untergliedert in Wände, fünf Türen, zwölf Säulen, Pilaster, Gesims, Hohlkehle, Fenster, Ochsenaugen, Decke. Stark angereichert wird sie durch aufwendige illusionistische Malereien, die eine reichhaltige (Schein-) Architektur und eine hohe Dreidimensionalität vortäuschen.
- Der Raum besitzt heute vier seitliche Flügeltüren, ursprünglich wohl nur zwei seitliche Durchgänge (zu den Dienergängen hin).
- Die südostliche Tür führt heute in das ehemalige Kavalierspeisezimmer. Bis 1782 bestand dieses Zimmer aus drei kleineren gewölbten Zimmern, dem Marschall-Amtszimmer, dem Haushofmeister-Comptoir und dem Wohnzimmer eines Kanzlisten. Ab 1912 beherbegte das Zimmer eine ständige Ausstellung zum Schloss und dessen Renovation 1900 bis 1909, das Bruchsaler Schlossmuseum. Heute dient dieser Raum dem Deutschen Musikautomaten-Museum.
- Die nordöstliche Tür führt heute in den Raum der Schlosskasse bzw. des Schloss-Shops. Auch dieser Raum war ursprünglich in drei kleinere Zimmer aufgeteilt.
- Die südwestliche sowie die nordwestliche Tür führen in die Dienergänge des Erdgeschosses, von dort gelangt man über die Neben-/Dienertreppen in das Zwischengeschoss, die Beletage und das oberste Geschoss.
- Die Eingangshalle ist höher als das Erdgeschoss, was zunächst beim Betreten des Raumes kaum auffällt. Sie ist so hoch wie Ergeschoss und Zwischengeschoss / Dienergeschoss zusammen. Die Decke der Intrada ist also der Boden des Fürstensaals.
- Oberhalb der Säulen der Intrada beginnt das Zwischengeschoss, auch zu erkennen an dem bemalten Gesims und den gemalten Balustraden rechts und links.
- Baugeschichte bis 1945
- Giovanni Francesco Marchini galt zu seiner Zeit als Meister der barocken Illusionsmalerei, der Quadraturmalerei von Andrea Pozzo verpflichtet.
- Für die Familie der Grafen von Schönborn hatte er bereits etliche Anlagen bemalt (u.a. Neue Residenz Bamberg, Schloss Wiesentheid, Schloss Weißenstein in Pommersfelden sowie Schloss Zeilitzheim).
- Dezember 1728: Damian Hugo Philipp von Schönborn-Buchheim nimmt erste Kontakte auf, um Marchini für die illusionistische Bemalung des gesamten Corps de Logis zu gewinnen.
- Ende 1731: Marchini erstellt ein erstes Probestück der Bemalung der Intrada.
- Juli 1732: Abschluss eines Vertrags mit Marchini, Jahresgehalt zunächst 700, später 800 Gulden. Er ist zu diesem Zeitpunkt bereits 60 Jahre alt.
- März 1733: Marchini stellt den Entwurf für die Ausgestaltung der Intrada fertig.
- 1734: Marchini vollendet die Ausmalung der Intrada.
- 19. Jahrhundert (?): das Deckengemälde Marchinis blättert ab und wird übertüncht; 1890 werden unter der Tünche Malereien entdeckt mit der Künstlerinschrift: „COMINCIATO A DIPINGERE A FRESCO IL MARCHINI 1731“ (Marchini begann mit der Freskenmalerei 1731).
- Anfang 1900: Während der Renovierung unter Fritz Hirsch wird das Deckengemälde wieder freigelegt.
- Baugeschichte ab 1945
- 1. März 1945: Bombardement und Zerstörung Bruchsals; durch einen Bombentreffer und ein anschließendes Feuer wurden weite Teile der Eingangshalle zerstört, darunter auch die Decke. Im Wandbereich und an Säulen blieben teilweise die Malereien Marchinis erhalten.
- Um 1956: Baulicher Wiederaufbau des räumlichen Gefüges, Ergänzungen durch Naturstein und Stahlbeton.
- 1961: Entscheidung durch die Oberfinanzdirektion, dass die Intrada ihre ursprüngliche Malerei wieder erhalten soll. Die Quellenlage zum Deckenfresko (Beschreibungen, Abbildungen) ist jedoch dürftig. Ziel ist die Neuschöpfung eines verloren gegangenen Kunstwerks, eine Totalrekonstruktion des Deckengemäldes.
- Nach 1961: Geplant war, die Ausmalung der Eingangshalle in Seccomalerei mit Keimscher Mineralfarbe durchzuführen. Dazu erhielt der Raum einen Verputz in Gips-Kalk-Mörtel, der dann weiß angestrichen wurde.
- 1971: Entscheidung, die Rekonstruktion der Malerei in Fresko auszuführen. Dazu wurde die obere Putzlage abgeschlagen.
- 1974: Verlegung von roten und graugelben Sandsteinplatten, rekonstruiert aufgrund vorhandener Reste des alten Bodens.
- 1982: Seit mehr als 10 Jahren wurde kein Künstler gefunden, der die Fresken im Stil von Marchini rekonstruieren könnte. 1982 dann Durchführung eines Wettbewerbs: Probemalung einer Herme in der Hohlkehle der Decke (Teilnehmer u.a. Wolfram Köberl) – ohne akzeptables Ergebnis.
- 1983: Hermenegild Peiker, Schüler von Karl Manninger, der auch an der Rekonstruktion des Kuppelfreskos mit Manninger zusammengearbeitet hat, erstellt eine weiteres Probestück einer Hermendarstellung, das als gelungen akzeptiert wurde.
- Bis 1988: Aufgrund bereits laufender Arbeiten war Peiker für mehrere Jahre noch durch andere Arbeiten in Augsburg gebunden. Weitere Suche nach anderen Künstlern, dann die endgültige Entscheidung für Peiker. Peiker setzt sich nun intensiv mit der Malerei Marchinis auseinander, vor allem durch Studienreisen nach Schloss Weißenstein in Pommersfelden, Schloß Wiesentheid, Schloss Zeilitzheim, Schloss Wiederau und Schloss Crossen.
- September 1989: Peiker stellt seine Entwürfe vor, die beim Vergleich mit historischen Fotografien der Intrada und den Aufnahmen aus den besichtigten Schlössern als gelungen akzeptiert wurden.
- Bis Juni 1990: Peiker erstellt in seinem Atelier die zeichnerischen Rekonstruktionen und arbeitet die Kartons aus. In Bruchsal wird ein Plattformgerüst in der Eingangshalle aufgebaut.
- Juni 1990 bis Dezember 1991: Peiker malt die Intrada aus, bei den Putzarbeiten unterstützt von Bernd Hochadel, und rekonstruiert auf gelungene Weise die Malereien Marchinis. Über dem Eingangsportal signiert er Ende 1991 sein Werk mit: „1734 – COMINCIATO A DIPINGERE A FRESCO IL MARCHINI – REKONSTRUIERT 1989-1991 HERMENEGILD PEIKER“.
- Januar 1992: Die Intrada wird für Besucher wieder eröffnet.
- Ausstattung
- Raum und Decke sind bemalt mit einer Scheinarchitektur, im Zentrum der Decke ist ein Himmel mit dem Fresko „Der Sieg der drei christlichen und der vier weltlichen Tugenden über die Laster“ zu sehen. Fides, die Personifikation des christlichen Glaubens , fährt in einem Wagen, von den übrigen Tugenden begleitet. Untugenden und Laster stürzen in die Tiefe.
- Die vier „philosophischen“ Tugenden können durch ihre Attribute identifiziert werden: die Gerechtigkeit hält ein Schwert in ihren Händen (die Waage ist verdeckt), die Tapferkeit wird durch eine Säule symbolisiert, die Klugheit hält einen Spiegel vor ihr Antlitz und die Mäßigkeit hält einen Krug in ihren Händen. Die drei „theologischen“ Tugenden haben als Symbole das Kreuz (Glaube), den Anker (Hoffnung), während die Mutter mit dem Kind die Liebe symbolisiert. Die Laster werden durch stürzende Männer symolisiert.
- In den Bogenfeldern über den Treppenantritten und dem Durchgang zur Grotte befinden sich links eine viergeteilte Kartusche mit dem Wappen des Bistums Speyer und der Fürstprobstei Weißenburg, rechts eine Kartusche mit dem doppelten Deutschordenskreuz für die beiden Ordensballeien Altenbiesen und Hessen und in der Mitte das von zwei Putten gehaltene Schönbornsche Wappenschild.
- Über den Türbekrönungen der vier Seitentüren befinden sich gemalte Medaillons mit Büsten antiker Philosopen: Diogenes (südöstlich), Seneca (südwestlich), Aristoteles (nordwestlich) sowie Cicero (nordöstlich).
- Über den acht mittleren Säulen befinden sich Darstellungen von Hermen, die den Profilrahmen der Decke abstützen.
Quellen:
- Sandra Eberle, Petra Pechaček: Schloss Bruchsal – 2017
- Kurt Lupp: Schloss Bruchsal – Bau, Zerstörung und Wiederaufbau – 2003
- Bertold Moos: „Der Kampf der Tugenden gegen die Laster“ – Das Deckengemälde in der Intrada des Bruchsaler Schlosses – in: Historische Kommission der Stadt Bruchsal: Beiträge zur Geschichte der Stadt Bruchsal – 1992
- Fritz Hirsch: Das Bruchsaler Schloss. Aus Anlass der Renovation (1900 – 1909) – 1910
Galerie: Historische Pläne – Eingangshalle / Intrada (im Erdgeschoss des Hauptbaus von Schloss Bruchsal)
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Galerie: Eingangshalle / Intrada (im Erdgeschoss des Hauptbaus von Schloss Bruchsal)
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Galerie: Gewölbe – Eingangshalle / Intrada (im Erdgeschoss des Hauptbaus von Schloss Bruchsal)
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Galerie: Deckengemälde – Eingangshalle / Intrada (im Erdgeschoss des Hauptbaus von Schloss Bruchsal)
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Galerie: Raumausschnitte – Eingangshalle / Intrada (im Erdgeschoss des Hauptbaus von Schloss Bruchsal)
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Galerie: Philosophen – Eingangshalle / Intrada (im Erdgeschoss des Hauptbaus von Schloss Bruchsal)
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Galerie: Wappen – Eingangshalle / Intrada (im Erdgeschoss des Hauptbaus von Schloss Bruchsal)
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Galerie: Hermen – Eingangshalle / Intrada (im Erdgeschoss des Hauptbaus von Schloss Bruchsal)
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Galerie: Figuren – Eingangshalle / Intrada (im Erdgeschoss des Hauptbaus von Schloss Bruchsal)
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Galerie: Sonstige Details – Eingangshalle / Intrada (im Erdgeschoss des Hauptbaus von Schloss Bruchsal)
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Siehe auch
- Startseite: Monumente im Bild
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- Impressionen:
- Essay “Mein Bruchsaler Schloss”
- Beschreibung von Schloss und Garten
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