Schloss und Schlossgarten Schwetzingen - Porträt Carl Theodor von der Pfalz (1724–1799) / Carl Theodor in kurfürstlichem Ornat und mit Marschallsstab (Maler: Johann Georg Ziesenis der Jüngere (1716–1776); Herkunft: Kurpfälzisches Museum der Stadt Heidelberg; Bildnachweis: Wikimedia Commons, https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Karl_Theodor,_Kurf%C3%BCrst_(1742-1799).jpg, gemeinfrei)
Schloss und Schlossgarten Schwetzingen - Ausschnitt aus der Karte der Pfalz, um 1780, Blatt 1, Norden (Bildnachweis: "Christian Mayer, Aegid Verhelst, Carl Theodor: Charta Palatina Jussu Et Auspiciis Serenmi. Ac Potentmi. Electoris Palatini D. R. Bavariae Caroli Theodori Mannhemio Basileam Usque Producta, ca. 1780" - https://doi.org/10.11588/diglit.22379 - Public Domain)
Schloss und Schlossgarten Schwetzingen - Porträt von Elisabeth Auguste von Pfalz-Sulzbach (1721-1794), um 1756 (Maler: Johann Georg Ziesenis der Jüngere (1716–1776); Bildnachweis: Wikimedia Commons, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Elisabeth_Augusta_of_Sulzbach,_Schwetzingen.jpg, gemeinfrei)

Präambel

Die folgenden Abschnitte sind – mit freundlicher Genehmigung des Autors – entnommen von sueddeutscher-barock.ch

Hinweis: eine allgemeine Beschreibung zu Gartenformen finden Sie unter: Beschreibung von Barock- und Landschaftsgärten, verfasst von Bert Beitmann.

Schloss und Schlossgarten Schwetzingen

Schwetzingen

«Der erste Gang, wohl auch der einzige Zweck des Fremden bey seinem Besuche Schwetzingens, ist der Gang nach dem Schlossgarten», schreibt 1816 Helmina von Chézy. Die Feststellung der ausgezeichneten Beobachterin und Schriftstellerin gilt noch heute.

Der pfälzische Kurfürst Carl Theodor ist Vollender des Schwetzinger Gartens. Seit 1777 ist er Kurfürst von Bayern und verlegt 1778 den Hof nach München. Damit endet eine lange Periode der Nutzung Schwetzingens als Jagd- und Sommersitz der Kurfürsten aus der Neuburger Linie der Wittelsbacher, die seit 1685 die Kurpfalz regieren. Sie halten sich mit dem Grossteil ihres Hofes während Monaten hier auf, um mit Jagd-, Musik-, Ballett-und Theatervergnügungen, mit Empfängen und auch mit literarischen und wissenschaftlichen Konversationen ihr privilegiertes Leben zu geniessen.

Vor allem Carl Theodor ist treibende Kraft für die Erweiterung des Gartens und seiner Gebäude. Sich selbst als Apoll fühlend, strebt er in Schwetzingen eine Darstellung der Wiederkehr des «Goldenen Zeitalters» an. Sein Schwetzinger Hof wird Anziehungspunkt von Musikern wie Mozart, Komponisten wie Gluck, Philosophen wie Voltaire, Dichtern wie Hölderlin oder Abenteurern wie Casanova. Fürsten und Gesandte aus ganz Europa werden in Schwetzingen empfangen.

Viele, wie die Familie Mozart, müssen in den Gasthöfen des kleinen Ortes logieren. Noch 1726 hat der inzwischen gewachsene Flecken erst 420 Einwohner in ungefähr 50 Häusern, darunter aber schon viele Gasthöfe. Inzwischen erhöht sich die Einwohnerzahl im Sommer nicht nur durch die vielen Besucher und Durchreisenden, sondern auch durch die rund 600 Angehörigen des Hofstaates mit ihren Familien. Der Grossteil muss im Dorf untergebracht werden. 1786 wohnen in 191 Häusern bereits 1458 Einwohner.

Die Lage

Die Umgebung Schwetzingens hat sich seit der Zeit, als die Fürsten und Besucher den Ort noch mit Kutschen erreichten, stark verändert. Ein unbefangener heutiger Reisender kann den damaligen Traum von Arkadien erst verstehen, wenn er sich im Schlossgarten von Schwetzingen befindet. Denn südlich von Mannheim ist die ehemals grüne Ebene zwischen Neckar und Rhein einem heillosen Durcheinander von Schnellstrassen, Autobahnen und Bahnanlagen gewichen. Industrie- und Wohnsiedlungen prägen den Grossteil der früheren Forst- und Landwirtschaftsflächen.

Um sich die Lage Schwetzingens zur Barockzeit vorzustellen, muss man alte Landkarten konsultieren. Wie die Kurpfalzkarte Christian Mayers von 1780, zeigt auch die Militärkarte von 1813 eine freie Landschaft mit nur wenigen Dörfern, die von zwei Chausseen durchschnitten wird.

Die eine Chaussee, beidseits von einer Maulbeerbaum-Allee besäumt, führt in gerader Linie von der alten Residenzstadt Heidelberg Richtung Westen in den Schlosshof von Schwetzingen. Mit der heutigen Carl-Theodor-Strasse ist diese Achse in Schwetzingen erhalten und ihre Fortsetzung nach Heidelberg ist noch immer spürbar.

Die von Mannheim Richtung Süden nach Schwetzingen führende Strasse wird erst nach der 1720 erfolgten Verlegung der Residenz wichtig. Beide Chausseen werden bis 1763 anstelle der alten Landstrassen angelegt. Sie sind nun als Schnellstrassen für Postkutschen nutzbar. Für Fussreisende beträgt die Wegzeit aus Heidelberg zwei, aus Mannheim drei Stunden.

Ein Jagdschloss wird Sommerresidenz

Im heutigen Schloss ist der Kern des ursprünglichen Jagdsitzes erhalten. Es wird vom 14. bis ins 16. Jahrhundert von den Pfalzgrafen im Zentrum ihres ausgedehnten Jagdgebietes westlich der Residenz Heidelberg gebaut. Eine letzte Erweiterung 1508–1541 formt aus den mittelalterlichen Bauten eine viergeschossige kleine Dreiflügelanlage, die nach Osten in Richtung Heidelberg geöffnet ist. Dieses Renaissance-Schloss ist 37 Meter breit und endet mit zwei Ecktürmen. So zeigt sich der Mittelbau noch heute dem Ankommenden.

Das Schloss wird 1635 durch kaiserliche Truppen gebrandschatzt. Eine Vogelschauskizze aus Osten stellt das nach dem Dreissigjährigen Krieg wiederhergestellte Schloss dar. Es ist als Wasserschloss mit einem durch den Leimbach gespeisten Wassergraben umgeben. Schon damals führt der Heidelberger Weg direkt in die Schlossachse. Gezeichnet ist nördlich des Schlosses auch die Ortschaft Schwetzingen. Diese, geteilt in das nördliche Unterdorf mit der Kirche und in das südliche Oberdorf, hat allerdings schon im 17. Jahrhundert mehr Häuser als in der Zeichnung dargestellt. Das 1635 in Brand gesetzte Schloss wird bis 1658 wiederaufgebaut.

Dreissig Jahre später, im ersten Jahr des pfälzischen Erbfolgekrieges, zerstören es französische Truppen erneut. Weil die Festung Mannheim und das pfälzische Residenzschloss Heidelberg kurz darauf auch zerstört werden, residiert der seit 1690 regierende Kurfürst Johann Wilhelm weiterhin in Düsseldorf.

Nach der 1693 erfolgten vollständigen Zerstörung Heidelbergs beginnt er mit dem Wiederaufbau der Stadt, ab 1697 auch mit dem Wiederaufbau Schwetzingens. Für den sommerlichen Aufenthalt des Hofes und auch für Regierungsgeschäfte lässt er das Schloss vergrössern. Damit ist er der eigentliche Erbauer der heutigen Schlossanlage.

Die Baumeister des Heidelberger Bauamtes, Heinrich Charrasky und Johann Adam Breuning leiten die Ausführung. 1698–1706 ist Charrasky für den Wiederaufbau der Kernanlage zuständig. Breuning erweitert 1711–1713 das Dreiflügelschloss mit zwei neuen, zweigeschossigen Winkelbauten und schafft damit die heutige Ehrenhofanlage.

Die Flügel bilden einen 97 Meter breiten Hof. Sie dienen der Unterkunft von Hofkavalieren und Hofdamen. Der neue Ehrenhof wird anschliessend mit einem vorgezogenen Abschlussgitter und zwei flankierenden Torbauten in Richtung der Heidelberger Ausfallstrasse erweitert.

1715/16 erfolgt, erneut unter Baumeister Breuning, die Erweiterung des Mittelbaus zur westlichen Gartenseite. Er legt der noch aus dem 16. Jahrhundert stammenden Westfassade eine Zimmerflucht vor, die er um zwei turmartige Eckrisalite auf 42 Meter erweitert. Damit zeigt das Schloss in West und Ost das noch heute bestehende Aussehen.

Der Ausbau erfolgt bereits unter dem neuen Regenten Carl Philipp. Dieser bezieht Schwetzingen 1718 als vorläufigen Regierungssitz, verlegt dann aber 1720 die Residenz nach Mannheim. Dort beginnt er mit dem Bau des neuen Schlosses, in das er 1731 einziehen kann. Schwetzingen bleibt deshalb sein bevorzugter Aufenthalt während der warmen Jahreszeit. Weil er jeweils mit dem Grossteil des Hofstaates übersiedelt, wird das nun umgebaute Schloss eigentliche Sommerresidenz.

Der seit 1742 regierende Kurfürst Carl Theodor belässt das Schloss unverändert, lässt aber 1762–1764 die Anlage um den Küchenflügel erweitern. Dazu wird der an das Kernschloss angefügte Flügel des Ehrenhofs nach Süden in gleicher Breite und Höhe um 36 Meter verlängert. Das Erdgeschoss wird Zugang zum neuen Winkelgebäude des eingeschossigen Küchenflügels, aber auch zum Verbindungsgang in das südliche Zirkelgebäude. Das neue 62 Meter lange Küchengebäude bildet jetzt den südlichen Abschluss der Schlossanlage.

Alle Flügel des Ehrenhofes von 1711–1713 und die Erweiterungen von 1762–1764 sind aussen im ursprünglichen Zustand erhalten, innen aber zu Gunsten neuer Nutzungen modern umgebaut.

Neubauplanungen, Theaterneubau und Schlossgarten bis 1758

Mit dem Regierungsantritt von Kurfürst Carl Theodor 1742 beginnt für Schwetzingen eine eigentliche Blütezeit.

1748 lässt der Kurfürst als Ersatz der Orangerie von 1718 das nördliche Zirkelgebäude bauen. Geplant von Galli da Bibiena, stellt Guillaume d’Hauberat das Gebäude fertig, nimmt aber noch Korrekturen vor. Fünf Risalitbauten oder Pavillons mit Mansard-Walmdächern prägen das eingeschossige Viertelkreis-Gebäude von 167 Meter Länge. Mit diesem Bau bestimmen die beiden leitenden Mannheimer Baudirektoren die Lage und den Durchmesser des späteren Zirkelparterres und damit auch die neue Süd-Nord-Achse Schwetzingen-Mannheim.

Gleichzeitig laufen umfangreiche Planungen für den Neubau der Schlossanlage, deren Verwirklichung erst 1754 aufgegeben wird. Beteiligt an diesen Planungen ist auch Franz Wilhelm Rabaliatti. 1753–1754 erstellt Rabaliatti das südliche Zirkelgebäude baugleich mit dem nördlichen Orangeriegebäude. Die Pavillons sind hier aber Gesellschafts-, Spiel- und Speiseräume der Hofgesellschaft.

Seit 1749 ist der 1752 zum Oberbaudirektor ernannte Nicolas de Pigage auch für die Neubauplanungen in Schwetzingen tätig. Schon 1752 baut er ein neues Hoftheater, das im Juni 1753 mit der Oper «Il figlio delle selve» eröffnet wird. Es liegt hinter dem Westende des nördlichen Zirkelbaus und ist, leider 1971–1974 bis zur Unkenntlichkeit verändert, noch immer für Oper, Konzert und Theater nutzbar.

Gleichzeitig mit der Erstellung des südlichen Zirkelbaus und des Theaters kann der Kurfürst den Hofgärtner in Zweibrücken, Johann Ludwig Petri für die Planung des neuen Schlossgartens gewinnen. Der 1753 von Petri erstellte Gartenplan ist die Grundlage für den Ausbau des Schlossgartens bis 1758, dessen Ausführung unter seiner Leitung läuft.

Er formt aus dem Halbkreis der Zirkelbauten das grosse Kreisparterre. Den durch die Zirkelbauten vorgegebenen Kreis von 322 Meter Durchmesser vervollständigt er mit Laubengängen aus Gitterwerk.

Die breite, offene Hauptachse Richtung Westen, die «allée principale», ist von vier «parterres a l’angloise» begleitet und im Norden und Süden mit offenen Alleen, den «allées secondaires» begrenzt. In der Mitte liegt ein Fontänebecken, das mit vier «parterres de broderie» umgeben ist. In der Nord-Süd-Achse des Zirkels bilden zehn Baumreihen, die drei Alleenwege rahmen, einen massiven grünen Querriegel.

Die vier Zirkel-Kreissektoren gestaltet Petri boskettartig mit Blütengehölzen. Diese vier Sektoren sind heute als Grünflächen vereinfacht und entsprechen damit als einzige Elemente nicht der Zirkelplanung von Hofgärtner Petri. Der Petri-Plan von 1753 umfasst aber nicht nur den Zirkel. Er legt den neuen Garten in ein Rechteck von 350 x 510 Meter. Die «allée principale» verlängert er mit einem Wasserbecken und perspektivisch verengt nach Westen. Die seitlichen Flächen sind als Boskette gestaltet.

In der heutigen Gestaltung ist das Wasserbecken zwar einer Grünfläche gewichen, die barocke Gartengestaltung von Petri ist aber noch immer vorhanden. Wie alle deutschen Barockgärten ist er trotz der gelegentlichen Bezeichnung als «Französischer Garten» keine reine Übernahme französischer Vorbilder.

Die Erweiterung des barocken Gartens durch Nicolas de Pigage

Die Nordseite des Schlossgartens erweitert Pigage 1761 mit dem neuen Orangerieparterre. Das Rechteck von 195 Meter Länge und 72 Meter Breite ist von einem Kanal umgeben und wird über vier Brücken erreicht. An seine nördliche Längsseite baut er die neue Orangerie. Zur Zeit des Neubaus muss sie 1000 Kübelpflanzen beherbergen. Mit zwei Glashäusern an den Enden sollte das Gebäude die Länge des Parterres erreichen. Das westliche Glashaus wird nicht verwirklicht, sodass die Orangerie heute 171 Meter lang ist.

1762 wird Pigage auch kurfürstlicher Gartendirektor. Sein erster Plan für die Erweiterung des Schlossgartens ist mit 1761 datiert. Er übernimmt die Grunddisposition von Petri, verlängert aber die Boskettzone um zwei grosse, aber streng barocke Boskette nach Westen. Der Abschluss bildet ein Querbassin von rund 350 Meter Länge. Im Unterschied zu Petri öffnet er die Mittelachse zur Landschaft, der 673 Meter hohe Kalmit in der Ferne ist jetzt Point de vue. Parallelsymmetrisch zum nördlichen Orangeriegarten legt er im Süden den Obstgarten an. In den Plänen von 1761 ist auch die mit dem Garten zusammenhängende «Sternallee», dem grossen und heute verschwundenen Jagdpark im Südwesten (Gebiet Lidl an der Hockenheimer Landstrasse) dargestellt.

Den Zustand des Gartens um 1768 ist im Titeldruck des Kalenders «Étrennes palatines de l’année 1769», aber auch an einem identischen Stich von Le Rouge 1767 ablesbar. Die Stiche zeigen den Barockgarten vor der Erweiterung zum Landschaftsgarten. Noch ist der Garten mit Ausnahme der Binnengliederung einzelner Bosketts in englischer Manier, der «bosquets à l’angloise», streng geometrisch gestaltet. Er ist mit Grenzkanälen umfasst, die von einer erhöhten Allee, der «allée en terrasse» begleitet sind. Auch Gartenbauwerke sind in diesen «bosquets à l’angloise» schon erstellt. Zwei der englischen Bosketts, die heute als «Angloisen» bezeichnet werden, schliessen westlich an den Zirkel an. Hier befindet sich in der südlichen Angloise der Minervatempel und in der nördlichen das «Vogelbad».

Hauptaugenmerk richtet der Kurfürst aber auf die Zone westlich der neuen Orangerie. Das in der Flucht des Orangeriegartens liegende Boskett enthält das Naturtheater und den Apollo-Rundtempel. Es ist der südliche Abschluss einer Enfilade von Gartenräumen mit dem Badhaus in der Mitte. Dieses wird 1768–1775 gebaut und soll dann ein Lieblingsaufenthaltsort des Kurfürsten sein. Im Plan ist es noch nicht dargestellt. Hingegen ist im nördlichen Dreieck die heute nicht mehr vorhandene Menagerie mit dem Wasserbecken eingetragen.

Abkehr vom barocken Garten

Dem streng formalen barocken Garten begegnet schon im frühen 18. Jahrhundert in England (Stowe House Garden ab 1718) der malerische oder poetische Landschaftsgarten, der sich vor allem bemüht, den Eindruck einer natürlichen Schöpfung zu erwecken. Die Architekturelemente des Gartens sind jetzt vorwiegend Staffage. Mit der beginnenden Aufklärung setzt sich der Landschaftsgarten auch in Kontinentaleuropa durch. «Et in Arcadia ego» ist jetzt Leitmotiv. In Schwetzingen bleibt der barocke Garten erhalten, wird aber seit 1775 unter der Leitung von Nicolas de Pigage behutsam mit Erweiterungen im Sinne des Landschaftsgartens ergänzt.

Arboricum Theodoricum

Eine erste Erweiterung ist das Arboricum Theodoricum, das im Norden angefügt wird. An das westliche Ende des langgezogenen romantischen Wiesentälchens legt Pigage einen Rundbau, den «Tempel» der Botanik und unweit davon das Römische Wasserkastell, eine künstliche Ruine mit Aquädukten und Obelisk. Der Obelisk erinnert an vermeintlich römische Funde während der Bauarbeiten 1777. Dies, aber auch die Aquädukt-Verbindung zum einige Jahre vorher gebauten unteren Wasserwerk, erklärt die römische Ruinenanlage vernünftiger, als symbolische Deutungen der «segensreichen Tätigkeiten des Kurfürsten, die das Land befruchteten, wie das Wasser, das den Garten fruchtbar macht». Das untere Wasserwerk ist eine technische Meisterleistung der Wasserbewirtschaftung, das hohe Gebäude liegt aber bereits ausserhalb der nördlichen Gartengrenze.

Der Türkische Garten mit der Moschee

1778 geht der Kurfürst mit dem Hof nach München. Seinem Gartendirektor Nicolas de Pigage stellt er schon 1777 den jungen, aus einem Bildungsaufenthalt in England zurückgerufenen Friedrich Ludwig Sckell zur Seite. Die nun folgende Erweiterung des Schwetzinger Gartens zu einem klassischen Landschaftsgarten ist zum grossen Teil ein Werk von Sckell, der nach dem Tod von Pigage 1796 auch dessen Amt übernimmt.

Sein erstes Werk ist die Anlage des südlichen Türkischen Gartens, der von Pigage noch als symmetrisch-spiegelbildliches Pendant zum Boskett mit dem Naturtheater geplant ist. Nachdem der jetzt in München wirkende Kurfürst für den Schwetzinger Garten weiterhin finanzielle Unterstützung gewährt, wird um 1778 im Türkischen Garten mit dem Bau einer grossen Hofanlage mit Wandelgang, Eck- Mittel- und Stichpavillons begonnen. Die neue anglo-chinesische Mode macht sich damit in Schwetzingen gleich mit einer wirklich bemerkenswerten Architektur bemerkbar.

In fernöstlicher Manier ist dieser Innenhof als Blumengarten gestaltet. An seine westliche Längsseite fügt Pigage 1782–1795 eine Moschee mit zwei Minaretten an. Der Hof im Türkischen Garten ist jetzt Vorhof der Moschee. Die Gesamtanlage von Vorhof und Moschee ist einmalig, nicht wegen ihres fernöstlichen Bezugs, sondern wegen ihrer ausserordentlichen Architektur in Einheit mit dem Vorhof.

Sie kann nicht mehr als «folie» oder «folly» gelten, wie die Franzosen oder Engländer ihre Lustgarten-Gebäude bezeichnen. Sie ist auch nicht als Gebetstätte für Muslime brauchbar, dazu fehlen alle liturgischen Elemente und auch die Ausrichtung nach Mekka. Dass der in München residierende Kurfürst noch immer die grossen Baukosten übernimmt, deutet auf eine gebaute Verklärung des islamisch-orientalischen Humanismus hin, wie er damals von Voltaire und Lessing zum Ausdruck gebracht wird. Die Moschee soll Tempel der Weisheit und der Tugend sein.

Der englische Landschaftsgarten

Nach dem Neubau der Moschee wird 1784 die westliche Erweiterung durch einen Landschaftsgarten begonnen. Den barocken Kanal, der das Bauwerk rückseitig begrenzt, verwandeln Pigage und Sckell in eine romantische Seenlandschaft, der auch die erhöhten Promenaden-Alleen zum Opfer fallen. Im See spiegelt sich jetzt die Rückseite der Moschee mit den Minaretten malerisch.

Der See liegt im Merkurgarten, der seinen Namen von der 1784–1792 gebauten künstlichen Ruine in Form eines Belvedere verdankt. Dieser Merkurtempel befindet sich auf einer künstlichen Anhöhe, dessen Untergeschoss mit dem Aushub des Sees zugeschüttet wird. Als Fiktion einer klassischen Ruine befeuert er die späteren Besucher zu allen möglichen Theorien zu seiner Symbolik, in neuester Zeit auch die Freimaurer.
Dieser neue Gartenteil mit dem Merkurtempel ist die zweite Erweiterung des Barockgartens.

Sckell gestaltet anschliessend auch die Umgebung des grossen Querbassins als Englischen Garten. Mit der Landschaftsgarten-Erweiterung an der Westflanke des grossen Französischen Gartens hat der Schwetzinger Garten seinen heutigen Umfang erreicht. 1793 wird er für Besichtigungen freigegeben. Mit der Besatzung der Kurpfalz durch französische Revolutionstruppen endet 1795 eine 40 Jahre andauernde Schaffensperiode im Garten von Schwetzingen.

Korrekturen 1804–1824

1803 wird die rechtsrheinische Pfalz dem badischen Staat zugeteilt. Sckell wechselt als Hofgarten-Intendant nach München. Der badische Markgraf beruft an dessen Stelle seinen in Basel wirkenden Hofgärtner Johann Michael Zeyher nach Schwetzingen.

Zeyher legt schon im ersten Jahr hinter der Orangerie das Aboretum an, das er als dendrologischen Lehrgarten versteht. Zwei schmiedeiserne Tore, 1755 als Abschluss zwischen «Lust- und gemiess garthen» in der südlichen Nutzgarten-Erweiterung erstellt, dienen jetzt als Abschluss des Arboretums. Das grosse westliche Querbecken verwandelt er in einen naturnahen See, der in Verbindung mit dem kleinen See des Merkurgartens steht.

Er nimmt zu Gunsten des Unterhalts auch einige Vereinfachungen vor. So füllt er das an den Zirkel anschliessende Spiegelbassin in der Mittelachse auf und vereinfacht die Kreissektoren des Zirkels zu Grünflächen. Um 1824 ist der Garten auch in der heutigen Erscheinung vollendet. Der Besucher erlebt bei einem Rundgang den Werdegang der deutschen Gartenbaukunst vom Barockgarten bis zum Landschaftsgarten.